Wer braucht Theologie?

Die Kirche muss ein Interesse an Theologie haben: die rationale Verantwortung des Glaubens dient einer glaubwürdigen und verständlichen Verkündigung in der jeweiligen Zeit. Außerdem kann die Vernetzung mit verschiedenen Wissenschaften der besseren Erfassung der eigenen Tradition dienen.

Die Gesellschaft hat ebenfalls ein Interesse an wissenschaftlicher Theologie, weshalb es nach wie vor Theologische Fakultäten an staatlichen Universitäten gibt. Der Wissenschaftsrat hat dazu zwei Argumente formuliert.

  • Staat und Gesellschaft haben ein Interesse daran, bestehende religiöse Orientierungen der Bürger für Stabilität und Entwicklung des Gemeinwesens fruchtbar zu machen (z.B. in Fragen des Umgangs mit der Natur oder menschlichen Grenzerfahrungen).
  • Die Gesellschaft hat ein Interesse daran, dass fundamentalistische religiöse Strömungen möglichst unbedeutend bleiben. Wissenschaftlich eingebundene Theologie kann hierzu einen Beitrag leisten. Dadurch werden Religionsgemeinschaften gezwungen, „ihren Glauben unter sich wandelnden Wissensbedingungen und -horizonten immer neu auslegen zu müssen.“ Dies erschwert den Bezug auf „absolute Lösungen“ und den Versuch, sie zeitunabhängig durchzusetzen.

Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen (Drs. 9678-10), Januar 2010

Die Wissenschaften haben ebenfalls ein Interesse an der Einbindung der Theologie. Wiederum der Wissenschaftsrat:

  • Ethische Reflexionsformen, die in der Theologie entwickelt wurden, können zur konstruktiven Bearbeitung normativer Probleme im Wissenschaftssystem beitragen.
  • Theologie kann durch ihr Bewusstsein von der Kontingenz menschlichen Handelns die kritische Reflexion wissenschaftlicher Weltsicht fördern.
  • In der wissenschaftshistorischen Selbstreflexion der Geistes- und Kulturwissenschaften leistet die Theologie einen wichtigen Beitrag, weil „viele moderne Geisteswissenschaften im 19. Jahrhundert ihre disziplinäre Selbständigkeit in einem spannungsreichen Ausdifferenzierungsprozess aus theologischen Teildisziplinen gewonnen haben“.

zurück