Meldung vom 15.10.2020

Semestereröffnungsgottesdienst und Akademische Jahresfeier der Theologischen Fakultät Paderborn mit Ehrenpromotion „Dienst der Theologie an und in der Kirche“

Paderborn (pdp). Die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät Paderborn an den Fundamentaltheologen Professor em. Dr. Hermann Josef Pottmeyer machte die traditionelle Eröffnung des neuen Studienjahres zu einem ganz besonderen Ereignis. Auch der Semestereröffnungsgottesdienst und die Akademische Jahresfeier, mit der der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker als Magnus Cancellarius der Fakultät, die Lehrenden, Studierenden und Mitarbeitenden traditionell ins Wintersemester starten, war im Jahr 2020 anders: Der Erzbischof von München und Freising, Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, stand dem Gottesdienst in der Universitäts- und Marktkirche vor, der einstige Weihbischof im Erzbistum Paderborn und ehemalige Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Theologischen Fakultät hielt auch die Laudatio anlässlich der Ehrenpromotion – und auch das nicht im Audimax der ältesten Hochschule Westfalens, vielmehr in der zentral in Paderborn gelegenen Universitäts- und Marktkirche, natürlich unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen.

Erzbischof Becker: Vom Dienst der Theologie

Paderborns Erzbischof Hans-Josef Becker betonte in seinem Grußwort, der Dienst der akademischen Theologie an der Kirche und in der Kirche sei unverzichtbar. „Wir sehen ja gerade in den aktuellen Diskussionen um den ‚Synodalen Weg‘, wie wichtig dieser Dienst der Theologie an und in der Kirche ist, und wie notwendig wir eine reflektierte theologische Fundierung brauchen. Sonst führt dieser Weg nicht in die richtige Richtung und auch nicht in die Tiefe“, erklärte Erzbischof Becker als Magnus Cancellarius der Theologischen Fakultät Paderborn. Zurecht weise die Theologie die Kirche immer wieder als Ganze auf bestimmte tote Punkte hin, auf Wege, die nicht dem Evangelium entsprechen oder Wege, die dem Menschen von heute nicht gerecht werden und nicht in die Zukunft führen.

Ehrenpromotion

Mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Professor em. Dr. Hermann Josef Pottmeyer würdigt die Theologische Fakultät Paderborn die theologische Lebensleistung des Fundamentaltheologen. Der in Münster lebende Theologe war bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2000 als Professor für Fundamentaltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum tätig und ist seit 1982 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des vom Erzbistum Paderborn getragenen Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik. Er hat sich insbesondere mit Fragen der Kirche, des Papsttums und der Rezeption des II. Vatikanischen Konzils befasst.

Traditionsbewusster und weltoffener Westfale

In seiner Laudatio zur Ehrenpromotion erinnerte Erzbischof Reinhard Kardinal Marx den gemeinsamen Weg seines Doktorvaters – Professor em. Dr. Hermann Josef Pottmeyer – und ihm, seinem „Schüler“. Er kennzeichnete ihn als einen „traditionsbewussten und weltoffenen Westfalen“, der auf ihn als „Geseker“ von Anfang an sehr viel Eindruck gemacht habe: „Was kann sich ein ‚Geseker‘ mehr wünschen, als solch einen freundlichen, offenen und liebenswürdigen Doktorvater?“, schmunzelte Kardinal Marx. Der Erzbischof von München und Freising betonte, die Kirche könne nur mit einer starken Theologie eine gute Zukunft haben, sonst drohe Fundamentalismus oder eine Gefühlsreligion. Es sei die große theologische Leistung von Professor Pottmeyer, zwischen Glaube und Vernunft zu vermitteln. Zentral und wesentlich sei es für die Kirche, Zeichen des Reiches Gottes zu sein, und das nicht allein als Aussage oder Behauptung, vielmehr in der wahren Wirklichkeit. „Die Kirche muss ein Leben führen, das ihrer Verkündigung des Reiches Gottes auch entspricht.“

Methode Pottmeyer

Das Miteinander und Ineinander von „Glaube, Leben und Gebet“ sei fundamental, erklärte Kardinal Marx weiter. Dogma, Praxis und Liturgie seien für die Kirche „Orte der Wahrheit“. Abschließend würdigte Kardinal Marx seinen Doktorvater durch den Begriff „Methode Pottmeyer“: Es sei stets das Anliegen von Professor Pottmeyer, den anderen zu verstehen, ihn zu begreifen, zu erkennen, was ihm wichtig ist, seine Stärke zu entdecken, um ihm auf dieser Ebene zu begegnen. „Die ‚Methode Pottmeyer‘ ist Wohlwollen, verstehen wollen, den anderen als anderen sehen, den anderen in seiner Kompetenz und Würde sehen.“ Und abschließend sagte der Kardinal über seinen Lehrer: „Ich bin froh und stolz, dass ich sagen kann: Das ist mein Doktorvater!“.

Pottmeyer: Themen und Werk

Im Anschluss an die Laudatio stellte Professor Dr. Josef Meyer zu Schlochtern Aspekte des theologischen Wirkens von Professor Dr. Hermann Josef Pottmeyer vor. An vielen Auseinandersetzungen über strittige Themen der letzten fast 50 Jahren habe sich Pottmeyer mit Vorträgen, Artikeln und Büchern beteiligt, erinnerte der Lehrstuhlinhaber für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft der Theologischen Fakultät Paderborn. „Pottmeyer befasst sich intensiv mit der Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils, mit der Frage des Bischofsamtes, behandelt das Verhältnis von Papst und Bischofskollegium oder fragt nach den synodalen Strukturen in der Kirche und dem Verhältnis von Priestern und Laien. Seine Theologie zeigt eine hohe Sensibilität für die Fragen und Themen der Zeit. Dies schlägt sich in seinem Werk als eine Art Zeitindex nieder, es ist zugleich aber auch Ausdruck seines ‚sentire cum ecclesia‘“, konkretisierte Meyer zu Schlochtern, der bei Professor Pottmeyer promoviert hat.

Professor Meyer zu Schlochtern vertiefte, dass Hermann Josef Pottmeyer nicht nur ein Forscher vielmehr auch ein Lehrer war und ist: 26 Jahre lang habe er als Hochschullehrer an der Ruhr-Universität Bochum für ungezählte Studenten Vorlesungen gehalten und Seminare durchgeführt, um sie auf einen Beruf in der Kirche oder in der Schule vorzubereiten. Fast 30 Doktoranden konnten in dieser Zeit ihre Dissertation verfassen, sein Schriftenverzeichnis zählt 18 Bücher und Herausgeberschaften, 220 Artikel und Beiträge, von denen nicht wenige in andere Sprachen übersetzt wurden.

Ehrenpromotionsurkunde

Professor em. Dr. Josef Pottmeyer nahm im Anschluss freudig und mit Stolz die Ehrenpromotions-Urkunde der Theologischen Fakultät Paderborn entgegen. Professor Dr. Stefan Kopp als Rektor der ältesten Hochschule Westfalens sowie Erzbischof Hans-Josef Becker als deren Magnus Cancellarius überreichten dem Theologen das Dokument, das den emeritierten Professor für Fundamentaltheologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum zum Dr. h. c. (Doctor honoris causa) macht.

Festvortrag: Selbstblockaden?

Nach der Überreichung der Ehrendoktor-Urkunde hielt Professor em. Dr. Dr. h. c. Hermann Josef Pottmeyer den Festvortrag zum Thema „Von toten Punkten im Leben der Kirche“. Ausgehend von seiner Analyse, in der Geschichte der Kirche habe es – „nicht wenige“ – „Selbstblockaden“ („Machtinteresse, Ängste, Weltfremdheit, Trägheit“) gegeben, in denen sich die Kirche selbst darin behindert habe, auf neue Situationen und gesellschaftliche Entwicklungen theologisch wie pastoral eingehen zu können, stellte der Fundamentaltheologe die Frage: „Sind es heute die leerer werdenden Kirchen, Priesterseminare und Klöster, durch die uns Gott anzeigen will, dass die Kirche die Veränderungen in unserer Welt und Gesellschaft aus dem Blick verloren hat und deshalb die Menschen nicht mehr erreicht?“

Schätze der Kirche

Papst Franziskus knüpfe mit seinem Programm einer synodalen Kirche „richtiger- und glücklicherweise“ an das Konzept des Zweiten Vatikanischen Konzils von einer geschwisterlichen Kirche an, erklärte Professor Pottmeyer in seinem Festvortrag anlässlich seiner Ehrenpromotion. „Aber angesichts der Tatsache, dass die Kirchen unserer protestantischen Geschwister mit ihrer synodalen Tradition sich nicht weniger leeren: Müssen wir uns da nicht fragen, ob das genügt, um die leeren Kirchen wieder zu füllen? Ist die wahre Ursache nicht der grassierende Glaubensverfall, der sich immer schmerzlicher zeigt?“ Seine Antwort-Impulse formulierte Professor Dr. Dr. h. c. Pottmeyer als Fragen „Verfügt unsere Kirche nicht über einen Schatz, der offensichtlich alles andere als veraltet ist, weil er eben zu jener Sinnerfahrung anleitet, nach der viele auf der Suche sind? Ich meine die große Tradition christlicher Spiritualität, in der nicht zuletzt Frauen eine führende Rolle gespielt haben und sie auch heute wieder ergreifen sollten. Neben den anderen Schätzen der Kirche, ihren Sakramenten nämlich und ihrer Caritas, sollten wir nicht auch den Schatz ihrer Spiritualität wieder gezielter anbieten, vielleicht auch und gerade jenseits der üblichen pastoralen Angebote?“

Studienjahr 2019/2020 – Bleibendes

Der Rektor der Theologischen Fakultät Paderborn, Professor Dr. Stefan Kopp, hatte zu Beginn mehrere Ehrengäste der Akademischen Jahresfeier begrüßt, insbesondere aber die Gäste, die via Live-Stream bereits den Gottesdienst mitgefeiert hatten und nun an der Feier teilnahmen. In seinem Bericht über das Studienjahr 2019/2020 erinnerte er daran, dass die Corona-Pandemie die Theologische Fakultät insgesamt vor neue Herausforderungen gestellt habe. „Durch die Pandemie entstanden Situationen, für die es keine vertrauten Lösungen, keine Patentrezepte gab. Das erforderte neue Wege und das Ringen darum, Handlungsspielräume zu erkennen und zielorientiert zu nutzen, sei es mit neuen Techniken, der digitalen Lehre oder dem Homeoffice und den damit verbundenen ungewohnten Kommunikationswegen und logistischen wie rechtlichen Fragen.“

Einen besonderen Dank richtete Professor Dr. Kopp als Rektor der Theologischen Fakultät Paderborn an Anton Schäfers, der als Quästor neun Jahre die finanz-, personal- und verwaltungstechnischen Angelegenheiten „auf hohem Niveau geleitet und modernisiert hat und in Anerkennung seiner besonderen Leistungen um die Fakultät 2017 zu ihrem Ehrenbürger ernannt wurde“. Nachfolger ist der 35-jährige Verwaltungsfachmann Fabian Güth, den der Rektor herzlich willkommen hieß. Professor Kopp erinnerte auch an Professorin Maria Neubrand, die am 19. März 2020 verstorben war. Der Rektor informierte zudem, dass Professor Dr. Josef Meyer zu Schlochtern zum 1. Oktober 2020 emeritiert wurde, eine geplante Abschiedsvorlesung des Professors für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaften aber noch einen offiziellen Schlusspunkt setze.

Zur Freiheit berufen und befreit - Gottesdienst

Zum Auftakt des Akademischen Jahres 2020/2021 wurde in der Paderborner Universitäts- und Marktkirche ein Gottesdienst gefeiert, dem Erzbischof Reinhard Kardinal Marx vorstand. In seiner Predigt kennzeichnete der Erzbischof der Diözese München und Freising „Freiheit als das Grundmotiv des christlichen Glaubens“. Er forderte, dass der Impuls der „Freiheit“ immer wieder neu belebt wird, auch im Raum der Kirche, denn er sei der Kern des christlichen Glaubens. Jesus sei es nicht darum gegangen, eine Dogmatik zu schreiben, dass ein Mensch sich hinter Buchstaben verstecke, führte Kardinal Marx aus. Jesus habe vielmehr das Reich Gottes verkündet, das ein Reich der Freiheit sei. Jesus habe eine neue Gottesbeziehung verkündet und gelebt, betonte der ehemalige Weihbischof in Paderborn weiter: „Der Glaube an Gott und damit das Eintreten in eine neue Gottesbeziehung ist ein Weg in die Freiheit.“

Kardinal Marx bekräftigte in seiner Predigt, die Theologie habe den Auftrag, die Erfahrungen des Glaubens zu reflektieren, erst so werde Überzeugung möglich. Den neuen Studierenden wünschte er abschließend „die Kraft des Geistes, um stets auf die größeren Möglichkeiten Gottes vertrauen zu können, denn Christus hat uns zur Freiheit befreit“.

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